#futurica21 – Ein theologischer Impuls

Sollen wir jetzt einfach darauf warten?

FUTURICA – Theologische Überlegungen über die kommende Stadt
von Christian Schulte, Stadtjugendpfarrer, Frankfurt am Main

Christian Schulte

Die Nachrichtenlage ist katastrophal. Jeden Tag erreichen uns neue Meldungen über die fortschreitende Zerstörung unseres Planeten. Was gestern noch unmöglich erschien, ist heute Realität: Kontinente brennen, Meere vermüllen, Landschaften vertrocknen (oder werden überflutet) und die Luft taugt nicht mehr zum Atmen. Es ist schon zum Fürchten.

Was tun? Wir Menschen neigen zum Verharmlosen und Verdrängen: „So schlimm wird es schon nicht sein!“ – doch mit dieser Haltung werden die Probleme nicht kleiner. Wir schwanken zwischen Ohnmacht und Aktionismus, zwischen Panik und Schuldzuweisungen – und kommen irgendwie nicht richtig voran.

Die deutsche Sprache kennt ein wunderbares Wort: Innehalten. Da steckt etwas von Aufhören darin, von Lassen und auch von Wahrnehmen. Im Innehalten höre ich das „Klagen der Schöpfung”. So beschreibt es Paulus im zweiten Teil der Bibel im Römerbrief (Röm 8,18-25).

Wenn ich einmal innehalte, dann sehe ich das Leiden der Welt nicht mehr aus sicherer Bildschirm-Distanz. Ich lasse es an mich heran und spüre die Angst um die Zukunft. Aus dem Sehen wird Mit-Leid, aus der Angst tiefe Trauer. Denn für den christlichen Glauben ist die Welt keine toter Klumpen Erde, sondern ein durch und durch lebendiges Werk Gottes (Psalm 104) – nämlich seine Schöpfung.

Im Innehalten höre ich das ‚Klagen der Schöpfung‘.

Der biblische Schöpfungsbericht (1. Mose 1-2) begreift den Menschen dabei nicht als Plünderer, sondern als Bewahrer, dem die Erde mit allen ihren Tieren und Pflanzen anvertraut ist. Er soll sie „bebauen und bewahren“. „Ich (Gott) … vertraue sie eurer Fürsorge an.“ (1. Mose 1,28)

Gleichzeitig warten wir Menschen auf die Wiederkunft von Jesus Christus. Wir Christen tun dies seit nunmehr rund 2000 Jahren. Die Bibel beschreibt diese Wiederkunft in unterschiedlichen Bildern. Eines davon findet sich im 21. Kapitel der Offenbarung des Johannes. Es ist das Bild einer zukünftigen Stadt – dem neuen Jerusalem. Wie diese Stadt aussieht, weiß der Verfasser der Offenbarung ganz genau.

Sollen wir jetzt einfach darauf warten? Gott wird das schon richten? Für Paulus dem Verfasser des Römerbriefs ist klar – wir können und sollen diese Hoffnung haben.

Wir Christen haben den Auftrag diese Welt zu gestalten, in Gerechtigkeit, Frieden, bis die kommende Welt vollständig Wirklichkeit ist.

„Aber auch wir selbst, denen Gott bereits jetzt seinen Geist als Anfang des neuen Lebens gegeben hat“ (Röm 18,23), können schon jetzt auf diese zukünftige Welt hinarbeiten. Jesus spricht an vielen Stellen mit seinen Jünger*innen über diese Zukunft. Er nennt es das Reich Gottes. Er war fest davon überzeugt, dass dieses Reich Gottes – dieses neue Jerusalem bereits angefangen hat. Wir Christen haben den Auftrag diese Welt zu gestalten, in Gerechtigkeit, Frieden – und eben unter der Verantwortung uns gut um die von Gott geschenkte Erde zu kümmern – bis die kommende Welt vollständig Wirklichkeit ist.